Palliative Care Team Aurich/Ostfriesland und Carl von Ossietzky Universität Oldenburg kooperieren im Rahmen der 10. DESAM Summerschool – Bundestagsabgeordneter Johann Saathoff in lebendigem Dialog
„Ich freue mich außerordentlich, dass wir die 25 Studierenden von München bis Greifswald im Rahmen der Exkursion mit unserer schönen Region Ostfriesland vertraut machen und vielleicht bei der einen oder dem anderen damit die Lust auf ein späteres erfülltes ärztliches Dasein in unserer Mitte wecken dürfen“ sagt Pastorin Marion Steinmeier, Geschäftsführerin des Palliative Care Teams Aurich/Ostfriesland und ergänzt: „Besonders ist, dass wir innerhalb der spannenden Herausforderung der medizinischen Versorgung auf dem Land die Palliativversorgung in den Mittelpunkt rücken dürfen.“
Von der Uni Oldenburg aus war die Gruppe aufgebrochen und wurde um 14 Uhr zunächst in der Martin-Luther-Kirche in Emden vom dortigen Pastor Christoph Jebens herzlich begrüßt.
Im Anschluss fand ein angeregter Dialog mit dem Bundestagsabgeordneten Johann Saathoff statt. Thema: Politische Relevanz der Versorgung am Lebensende, hier insbesondere das 2015 zunächst erlassene Gesetz, das die „Geschäftsmäßige Förderung der Suizidbeihilfe“ unter Strafe stellte. Im Februar 2020 wurde das Gesetz durch das Bundesverfassungsgericht jedoch als nicht verfassungskonform zurückgewiesen. Nach einer persönlichen Vorstellung, erklärte Johann Saathoff seine Position. Schon beim Erlass des Gesetzes hatte er sich dagegen positioniert: „Dass der Tod zum Leben gehört lernt man nicht in der Schule, sondern im Leben“, erörterte Saathoff und nahm auch Bezug auf biographische Erfahrungen in der Familie. „Das Beenden des eigenen Lebens, wenn es als nicht mehr lebenswert erachtet wird, gehört zur freien Entfaltung der Persönlichkeit. Ärzte müssen die Möglichkeit haben, schwer belastete Patienten auf diesem Weg aktiv zu begleiten“, so Saathoff weiter. Natürlich brauche man dafür gute Rahmenbedingungen für alle Beteiligten.
Marion Steinmeier ergänzte, dass die Selbsttötung, oder auch der Versuch, ohnehin straffrei sei, es aber bei dem Gesetz eben um die geschäftsmäßige Ausübung, also auf Wiederholung angelegte Tätigkeit einer solchen Begleitung gehe. Johann Saathoff: „Mediziner*innen haben eine hohe Verantwortung. Wer wenn nicht sie sollte betroffene Menschen begleiten?“ Letztlich liege die Verantwortung aber vor allem bei den Patient*innen selbst.
Der anschließende Austausch mit den Studierenden war sehr intensiv. Immer wieder kam die Frage auf, ob der assistierte Suizid aus ärztlicher Sicht überhaupt vertretbar sei. Eine Studierende betonte, dass Mediziner*innen eine solche aktive Begleitung auch aus Gewissensgründen ablehnen können müssten. Dem stimmte Johann Saathoff zu. Eine andere Studierende betonte, dass ihrer Ansicht nach das Thema assistierter Suizid weniger relevant wäre, wenn die palliative Versorgung der lebensendlich erkrankter Menschen flächendeckend und kompetent gegeben wäre. Dies sei aber, unter anderem wegen des eklatanten Fachkräftemangels nicht der Fall.
Johann Saathoff betonte, dass nicht erst seit der Pandemie klar sei, dass sich die Arbeitsbedingungen in Medizin und Pflege erheblich verbessern müssten, wenn man der Betreuung der Menschen gerecht werden wolle. Dies sei ganz klar eine Aufgabe der Politik und wirke sich ja auch unmittelbar auf das Wohl der Patienten aus.
Saathoff schwärmte regelrecht von den Ärzt*innen auf dem Land, die ihre Patient*innen kennen und ein intensives Vertrauensverhältnis pflegen. Er hoffe, dass auch die eine oder der andere anwesende Studierende sich für eine Tätigkeit auf dem Land, am besten in Ostfriesland, entscheide.
Zum Ende des Dialogs dankten die Anwesenden einander. Es wurde als erfreulich erachtet, dass Johann Saathoff sich so viel Zeit für die Studierenden genommen hatte.
Am Nachmittag ging es von Emden aus weiter nach Aurich in die Räumlichkeiten des Palliative Care Teams Aurich/Ostfriesland. Dort wurden verschiedene Themen in wechselnden Kleingruppen erarbeitet: Die leitende Koordinatorin und Palliativ-Fachpflegekraft Nina Großmann stellte gemeinsam mit der Palliativärztin und Allgemeinmedizinerin Eva Wortberg die Arbeitsweise eines ambulanten Palliativteams vor.
Die Palliativ-Fachpflegekräfte Heike Ommen und Nicole Janssen führten praktische Übungen aus dem Bereich der Aromapflege durch.
Ein derzeit vom Palliativ-Care-Team betreuter Patient stand den Studierenden Rede und Antwort zu seiner Situation.
In einer weiteren Gruppe berichtete schließlich ein Angehöriger von seinen wertvollen Erfahrungen.
Am Abend wurde dann der Workshop „Relevanz von Nahrungsaufnahme und Versorgung mit Flüssigkeit“ angeboten und erst um 21 Uhr trat man gemeinsam die Rückfahrt nach Oldenburg an.
Eingeladen hatte die Medizinische Fakultät aus Oldenburg, genauer die Abteilung Allgemeinmedizin bundesweit Medizinstudierende zu dieser nun schon 10. DESAM Summerschool vom 6.-10.09.2021.